Geothermie – einfach erklärt
Im kommenden Jahr wird sich der Start der Geothermiebohrungen in Taufkirchen zum zehnten Mal jähren und die Gemeindewerke Oberhaching (GWO) werden ihren 15. Geburtstag feiern. Immerhin acht Jahre wird es dann her sein, dass in Oberhaching erstmals mit geothermisch erzeugter Fernwärme geheizt wurde. Viele Bürger sind in dieser Zeit neu nach Oberhaching gezogen - für die GWO ein Anlass, die wichtigsten Aspekte des größten Infrastrukturprojekts der Gemeinde bis zum Jahresende zusammenfassend vorzustellen.
Wärme aus dem Erdinnern – wie funktioniert das in Bayern?
Die Erde ist seit ihrem Entstehen vor etwa 4,5 Milliarden Jahren ein sehr heißer Planet. Zu ihrem Kern hin wird sie immer heißer, im inneren Erdkern herrschen sogar Temperaturen von über 5.000 Grad. Diese Wärme fließt unablässig Richtung Erdoberfläche, erwärmt dabei Gesteinsschichten und Wasservorkommen. Das Wärmepotenzial aus dem Erdinnern wäre theoretisch ausreichend, den gesamten derzeitigen Energieverbrauch der Menschen rund zweieinhalbfach zu decken.
Diese gigantische Energiemenge kann unter anderem im sogenannten nordalpinen Molassebecken, das sich etwa von der Donau bis zu den Alpen erstreckt, nutzbar gemacht werden. Hier findet sich eine wasserführende Gesteinsschicht, der sogenannte Malmkarst. Diese Kalksteinschicht ist von Rissen, Klüften und Brüchen durchzogen, in denen enorme Mengen an Thermalwasser extrem langsam fließen.
Die zur Gewinnung des Thermalwassers notwendige Bohrtechnik stammt aus der jahrzehntelang erprobten Gas- und Erdölförderung. Allein in Bayern blickt die Wärmeversorgung aus Tiefengeothermie bereits auf über 20 Jahre Geschichte zurück. Es sind bereits 22 Geothermieanlagen in Betrieb, eine Reihe weiterer Anlagen ist in Planung oder bereits im Bau. Der Großteil der bestehenden Anlagen erzeugt nur Wärme, die als Heizenergie verwendet wird. Südlich von München erreicht das Thermalwasser jedoch Temperaturen von über 120 °C, mit denen zusätzlich die Erzeugung von Strom möglich wird. Die installierte Wärmeleistung dieser Anlagen beträgt über 280 Megawatt (MW), zusätzlich sind über 30 MW elektrische Leistung möglich.
In Taufkirchen, wo die Quellen für die Oberhachinger Geothermieversorgung liegen, wurde das heiße Tiefengrundwasser im Malm von Juli 2011 bis Mai 2012 durch zwei Bohrungen in rund 3.700 Meter Tiefe erschlossen. Thermalwasser mit rund 135 Grad Celsius und einer Schüttung von 120 Litern pro Sekunde steht seitdem für die umwelt- und klimafreundliche Fernwärmeversorgung sowie die Stromerzeugung zur Verfügung.
Warum zwei Bohrungen?
Es ist Vorschrift, dass das zu Zwecken der Energieversorgung geförderte Tiefengrundwasser vollständig wieder in die geologische Schicht zurückgeführt wird, aus der es stammt. Es darf also nicht das Wasser selbst abgebaut werden, sondern die in ihm enthaltene Wärme. Aus diesem Grund umfasst jedes Tiefengeothermie-Projekt mindestens zwei Bohrungen: Eine Förderbohrung, durch die das Thermalwasser entnommen wird, und eine sogenannte Reinjektionsbohrung, über die das abgekühlte Wasser in den Grundwasserleiter zurückgeführt wird. Dieses Prinzip wird auch „geothermische Dublette“ genannt.
Um zu verhindern, dass das abgekühlte Wasser durch die Förderbohrung wieder aufgenommen wird, müssen die Zielpunkte der beiden Bohrungen einen Abstand von mindestens zwei Kilometern zueinander haben. Damit ist auch sichergestellt, dass eine Geothermieanlage über viele Jahrzehnte mit gleichbleibender Temperatur betrieben werden kann. Um den notwendigen Abstand der Zielpunkte herzustellen, werden beide Bohrungen mit ausgefeilter Technik unterirdisch in verschiedene Richtungen abgelenkt. Deshalb sind die beiden Bohrungen in Taufkirchen zwar 3.762 bzw. 3.696 Meter tief, haben aber eine Streckenlänge von 4.258 bzw. 3.933 Metern.
Geothermie – der Umwelt zuliebe
„Heizen mit Geothermie schont natürliche Rohstoffe und das Klima“ – so oder ähnlich werden Geothermie und Umweltschutz häufig miteinander in Verbindung gebracht. Diese Aussage beschreibt jedoch die vielfältigen Vorteile der Geothermie für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen bei weitem nicht erschöpfend.
Die Vorteile der Tiefengeothermie zeigen sich bereits bei der Energiegewinnung. Sowohl Erdgas als auch Erdöl und mittlerweile auch Kohle müssen im rohstoffarmen Deutschland überwiegend aus großen Entfernungen importiert werden. Das ist sowohl mit hohem Energieaufwand für Tankertransporte und Pipelinebetrieb als auch mit erheblichen Umweltrisiken verbunden.
Geothermie hingegen ist eine einheimische Energiequelle im besten Sinne. Vom Ort der Gewinnung bis zum Verbraucher sind es in der Regel – wie auch in Oberhaching - wenige Kilometer, auf dem Transportweg zum Kunden fließen keine gefährlichen Stoffe, sondern lediglich normales Wasser. Auch eine Geothermieanlage verbraucht allerdings für die Förderung des Thermalwassers und den Betrieb Energie. Das Verhältnis zwischen eingesetzter und erzeugter Energie ist jedoch sehr günstig.
Geothermie spart Öl und Gas
Wie schon erwähnt, ist auch die Schonung natürlicher Energieträger ein wichtiges Argument. Mit der seit Ende 2013 laufenden Geothermieanlage in Taufkirchen wurde zum Beispiel bisher die Verbrennung von über 20 Millionen Litern Heizöl vermieden. Hinzu kommt, dass Rohstoffe wie Öl und Gas eigentlich zum Verbrennen zu wertvoll sind, da sie in der Chemie, Pharmazie und weiteren Industrien weitaus wichtigere Anwendungsgebiete haben.
Wie preistreibend und auch ethisch bedenklich eine Nutzungskonkurrenz sich auswirken kann, ist zum Beispiel daran ersichtlich, dass immer mehr landwirtschaftliche Flächen zur Erzeugung von Energieträgern anstelle von Lebensmitteln genutzt werden. Erdwärme, die durch natürliche Prozesse ständig vom Erdinneren aus zur Oberfläche nachfließt, verströmt dagegen ohne sinnvolle Verwendung ungenutzt in den Weltraum – sie ist nur zur Heizung und unter gewissen Bedingungen zur Erzeugung von Strom geeignet.
Klimaschutz durch Geothermie
Fossile Energieträger wie Erdöl und Erdgas nicht zu verbrennen bedeutet auch, die Freisetzung des klimaschädigenden CO2 zu vermeiden – nach wie vor die wichtigste Aufgabe im Klimaschutz. Die geothermische Fernwärmeversorgung in Oberhaching hat seit Betriebsbeginn geholfen, rund 45.000 Tonnen CO2 einzusparen.
Die Umweltvorteile der Geothermie zeigen sich auch im gemeindlichen Bereich. Jeder Fernwärmeanschluss bedeutet schließlich einen rauchenden Schornstein weniger. Besseres Mikroklima in der Gemeinde und natürlich auch im Haus des Kunden ist die Folge, denn die Verbrennung von Öl, Gas oder Kohle und deren Lagerung oder Transport gehören für Geothermiekunden der Vergangenheit an.
Die Gemeindewerke Oberhaching – Ihr lokaler Wärmeversorger
Im Sommer 2011 wurden zwischen den GWO und der der GeoEnergie Taufkirchen GmbH & Co. KG, die die Bohrungen auf dem Gelände am Lanzenhaarer Weg durchführte, Verträge über den langfristigen Bezug von 20 Megawatt Wärme aus der Taufkirchener Geothermieanlage geschlossen.
Derzeit halten die GWO 26 Prozent der Anteile an der GeoEnergie Taufkirchen und können damit in wichtigen Fragen nicht überstimmt werden. Mit der Investorengruppe IKAV als Mehrheitsgesellschafter und starkem Partner der GWO ist eine zuverlässige Wärmeversorgung aus Geothermie für Oberhaching auch in den nächsten Jahrzehnten möglich